3. Suche nach den Wurzeln der
technisch-wissenschaftlichen Zivilisation
Kehren wir nun gemeinsam zu den Wurzel
unserer (ehemals abendländischen) heutigen technischen Welt zurück, in der
Hoffnung, dort die Quellen für eine ganzheitliche und sinnvolle Schöpfung zu
finden, wohl wissend, daß die technische Zivilisation
auf genau diesem speziellen kulturellen Fundament entstanden ist, was ja unter
anderen kulturellen
Bedingungen an anderen Orten und Zeiten dieser
Welt nicht geschah.
Wenn wir die Wurzeln und Quellen unserer
abendländische Wissenschaft und Technik betrachten, stoßen wir im antiken
Griechenland auf Pythagoras, einen
Weisen des 5. Jahrhunderts vor Christus, der das Weltbild seinerzeit und die
abendländische Geistesentwicklung stark geprägt hat. Pythagoras schöpfte aus
dem Wissensschatz des alten Ägypter.
Pythagoras führte das Wort KOSMOS ein. Kosmos meint die Einheit der Welt, die harmonisch
geordnet ist und innerlich und äußerlich erfahren werden kann. Diese
harmonische Ordnung, die sich uns Menschen in Schönheit, Wohlklang, Wahrheit
und Richtigkeit darstellt, untersuchte er sein Leben lang.
Seine ganzheitliche Welterkenntnis verbindet
mystische, innere Schau und äußeres Experiment. Hierbei benutzte er die Musik
als ideales, direktes Experimentierfeld zum Prüfen seiner Ideen auf Harmonie und
Gültigkeit hin.
Grundzüge der Pythagoräischen kosmischen Ordnung:
1. Die Welt ist ein rhythmisches Ganzes - Die Welt ist Klang, wie es Joachim
Ernst Behrend formulierte und dabei die Hindu Weisen
zitierte. Die heutige Physik betrachtet die Welt als Wellenkontinuum, als
schwingendes rhythmisches Gebilde also. Die Welt ähnelt dabei eher einem
Gedanken als einem festen Stück Materie, wie herausragende Physiker meinten,
z.B. schreibt Heisenberg 1923 " daß es , wenn man bis zu den Atomen hinabsteigt, eine solch
objektive Welt in Raum und Zeit gar nicht gibt". Was wir sehen, hören,
mit Geräten erfassen sind stets Ausschnitte dieser großen Symphonie der Welt.
Zitat Heisenberg, Der Teil und das Ganze (S.124): "Es sind die gleichen ordnenden Kräfte,
die die Natur in all ihren
Formen gebildet haben und die für die Struktur unserer Seele, also auch unseres
Denkvermögens, verantwortlich sind."
Die Welt hat eine für die 5 Sinne wahrnehmbare Form - aber sie hat analog auf anderen Ebenen rhythmische Formen, die von den Mystikern wahrgenommen werden können. Diese physischen und metaphysischen Klänge sind für uns als "gut" wahrnehmbar, wenn sie als Harmonien in uns wohltuend anklingen.
2. Man kann diese Schwingungen mit Zahlen
charakterisieren (sog. Zahlenmystik).
Pythagoras
nannte die ganze Zahl das Weltprinzip.
Kepler: "Die Saite läßt sich
harmonisch teilen- diese Zahlen sind Urbilder der Harmonie"
Planck: "Energie ist nur in ganzzahligen
Vielfachen existent " (Grundlage der Quantentheorie).
Einstein: "Die Natur ist die Realisierung des
mathematisch denkbar einfachsten."
Heisenberg bemühte sich ebenso intensiv um die Zahlenmystik, die Platon im Geiste des Pythagoras uns überliefert hat , wie Dürer, Keppler, Descartes, Newton, Leibniz, die Baumeister der gotischen Kathedralen, die Erbauer des Aachener Doms, die römischen Tempelbaumeister (Vitruv z.B.), um nur einige zu nennen.
"Die Macht Israels kommt von den Zahlen", meint die Bibel - unsere Macht kommt definitiv davon! Ohne Formeln könnte unsere heutige technische Zivilisation keinen Augenblick bestehen. Wer sich schon einmal gefragt hat, warum eine Formel überhaupt einen Naturvorgang beschreiben kann, wird auf der Spurensuche irgendwann notwendigerweise die Weisheitstradition des Pythagoras als Grundpfeiler moderner Naturwissenschaft und Technik erkennen.
3. Die Struktur des Raumes, damit des
Kosmos, wird durch geometrische Beziehungen dargestellt (heilige Geometrie).
Jeder Körper, sei er Spiralnebel, Stern, Mensch, Tier, Tempel, Wohnhaus, Maschine
hat harmonische rundproportionen, wenn er
wahrhaftig/schön/richtig ist. Ansonsten ist er disharmonisch, verzerrt, nicht im Einklang mit der (Um)Welt.
Diese harmonischen Grundproportionen suchten Dürer, Leonardo da Vinci u.a. Künstler beim Menschen
nachzuweisen. Aber auch die Ingenieure,
wie Leonhardt, erkannten in der vollendeten Form
Schönheit und Funktion auf das beste vereint.
4. Das Gesetz der Harmonie und der richtigen
Proportion gelten analog auf allen Ebenen der Welt.(Analogiegesetz - Aus diesen
Überlegungen konstruierte Keppler sein Planetengesetz; sein Buchtitel lautete
"De Harmonia Mundi"-
Von der Harmonie der Welt)
"Was unten ist gleicht dem das oben ist
und was oben ist gleicht dem was unten ist um das Wunder des Ureinen zu
vollziehen " heißt es in der hermetisch-gnostischen Tradition auf
der Smaragdtafel des Hermes Trismegistos - ein Gesetz regiert die Welt, das analog auf
allen Ebenen wirkt und wahrgenommen werden kann. Dieses Gesetz liegt auch heute
noch jeder Astrophysikalischen Deutung des Kosmos zugrunde - auch wenn dies nur
eine des vielen Aussagen des Inhaltes darstellt.
5. Es sind innere, nicht äußere Gesetze, die den Kosmos regieren. Unsere Seele, unser Geist und unser Körper sind in diese inneren Gesetze mit eingewoben.
Heisenberg: "Am Anfang der Welt stehen
Entscheidungen. Diese Entscheidungen legen Symmetrien fest, das sind Formen,
die das nachfolgende Geschehen weitgehend bestimmen. Somit ist die Aussage
"Am Anfang war die Symmetrie"
richtiger als die schon von Demokrit stammende These "Am Anfang war das
Teilchen".
Die Elementarteilchen verkörpern diese Symmetrien,
sie sind ihre ersten Darstellungen, aber damit auch erst ihre Folgen."
Diese Tradition der ganzheitlichen
Naturwissenschaft und der ganzheitlichen Technik verkörperte sich am ehesten in
den Tempeln, die ja in der Antike als Wohnstatt Gottes angesehen wurden und in
idealer Weise diesem einen Gesetz Ausdruck verleihen sollten.
"Dieser Tempel ist wie der Himmel in all
seinen Beziehungen" ließ Ramses III auf die Säulen seines Tempels in Karnak bei Luxor meiseln.
Im Weihespruch
zum Aachener Dom Karls des Großen lesen wir u.a.:
"
Sind die lebendigen Steine zur Einheit friedlich verbunden
Stimmen
in jeglichem Teil Maß und Zahl überein
so
wird leuchten das Werk des Herrn, der die Halle geschaffen
frommen
Volkes Bemühen krönt der vollendete Bau.."
"Jeder
Tempel, jedes Heiligtum der Antike sollte das Beben der Seele im Anblick der
kosmischen Harmonie hervorrufen. ", schreibt Frederic Lionel.
Die Harmonien der Zahlen, der Proportionen
und räumlichen Verhältnisse machen nicht nur die Schönheit eines Bauwerkes aus
bzw. die Hässlichkeit unserer rein funktionalen Zweckbauten aus, sondern waren
bei den Alten auch direkte Konstruktionselemente zur Bestimmung der tragenden
Teile.
Insofern ist auch hier Schönheit und Wahrheit
in der vollendeten Form direkt verbunden und Ausdruck eines gelebten,
ganzheitlichen Weltverständnisses.
Fritz Leonhardt,
berühmter Brückenbauingenieur, schreibt 1993 :"
“Der
Sinn für Schönheit verkümmert in unserer materialistisch eingestellten Zeit..
Menschliches Wohlbefinden, Freude am Leben und seelische Gesundheit hängen
entscheidend von schönheitlichen Qualitäten unserer
Umwelt ab". Monotonie, Kälte,
Unruhe, mangelnde Komposition konstatiert er heute - Heiterkeit,
Beschwingtheit, Anmut und Gelöstheit fehlten beim Bauen .
" Deshalb braucht der Entwerfende Formgefühl, Phantasie, Intuition und
Gefühl für Schönheit, das zusätzlich geschult und ausgebildet werden muß".
Aus der ganzheitlichen Weltsicht eines Pythagoras kann auch die Suche nach einer Wiederbelebung der ganzheitlichen Schöpfungskräfte in uns Erfolg versprechen. Diese Kräfte gehen erheblich über das rein mentale- rationale Denken hinaus. Insbesondere Intuition, Inspiration und Kreativität sind ohne die über-rationale Wahrheits- Wahrnehmung undenkbar.
Beispiele dafür sind die folgenden.
Darwin schreibt: Ich kann mich sogar an die Stelle auf der
Straße erinnern, wo mir zu meiner Freude plötzlich die Lösung erschien, während
ich in der Kutsche saß".
Der kreative Mensch ist sicher, wenn er die
richtige Eingebung/Intuition wahr-nahm. Er muß sie praktisch dann (der Welt) noch mundgerecht machen,
sie ausfeilen.
Picasso sagt:"Der Künstler ist ein Gefäß für Gefühle, die von überallher kommen, vom Himmel, von der Erde...".
Heisenberg :" Da erscheint auf einmal vor unserem geistigen Auge ein Zusammenhang, der auch ohne uns und schon immer da gewesen ist und ganz offensichtlich nicht von Menschen gemacht ist. Solche Zusammenhänge sind doch wohl der eigentliche Inhalt unserer Wissenschaft".
Einstein schreibt: :"Die Worte oder die Sprache in geschriebener oder gesprochener Form scheint für meinen Denkmechanismus keine Rolle zu spielen. Die psychischen Entitäten,..,sind bestimmte Zeichen und mehr oder weniger klare Bilder, die reproduziert und kombiniert werden können".
Diese ganzheitliche Eingebung, Intuition und Kreativität
verdient deshalb großes Interesse, weil sie über das mental-rationale
wesentlich hinausgeht. Auch unsere Zivilisation lebt in Verbindung mit dem
schwingenden Urgrund der Welt, den insbesondere die kreativen Menschen erkennen. Die
real existierende Welt, der KOSMOS, kann mit einer rein mental-rationalen
Denkweise nicht begriffen werden und mit einer rein mental-rationalen
Technik nicht zutreffend gestaltet oder entwickelt werden.