„ Schöne neue Welt –

 

  das Heilsversprechen des genetischen Materialismus “

 

 

Von Günter Stock

Copyright 2002-2005

 

Vortrag im Rahmen eines Seminars

„ Schöne neue Welt ? “

in der Benediktinerabtei Kornelimünster am 24. Februar 2002

 

1      Einführung und Schlagworte zum Thema                                                                                                                                                     2

1      Schöne Neue Welt                                                                                                                                                                                                    2

1.1.1        Die Botschaft des genetischen Materialismus                                                                                                                                          2

1.1.2        Mit welchen Versprechungen werden wir umworben für diese schöne neue Welt – und was steckt dahinter ?                     2

2      Die ganzheitliche Sicht auf den „Genetischen Determinismus“                                                                                                        3

2.1.1        Fakten zum genetischen Determinismus                                                                                                                                                    3

3      Kurze Analyse des Ist- Zustandes unseres Allgemeinbewussteins als Träger des genetischen Materialismus           4

3.1.1        Genetischer Materialismus/Determinismus als Thema eines allgemeinen „defizient mentalen“ Bewusstseins                     4

4      Sich verstärkende Netze des neuen Integralen Bewusstseins                                                                                                            6

4.1.1        Etappen der Geschichte des Bewusstseins (nach Jean Gebser) und Einordnung der Phänomene unseres Zeitgeistes 6

4.1.2        Gesellschaftlich wahrnehmbare  Inseln des Integralen                                                                                                                           6

5      Hinweise auf den Bewusstseinsübergang unserer  Zeit als unsere Hauptaufgabe ist Kernbotschaft verschiedener heutiger Traditionen 7

5.1.1        Europäisches Christentum (z.B. Jean Gebser, Frédéric Lionel, C.G. Jung)                                                                                    7

5.1.2        Hinduismus und Buddhismus (z.B. Sri Aurobindo, D.T. Suzuki)                                                                                                         8

5.1.3        Schlußgedanken                                                                                                                                                                                                 8

 

 


1.     Einführung und Schlagworte zum Thema

„Patentierung des Lebens - Gott gibt es nicht - alles ist machbar und beherrschbar - die Schöpfung und ihr Sinn heute“ Wir werden mit Versprechungen über die Folgen der Gentechnik für unsere Existenz überhäuft: Gesundheit, Fitness, ewiges Leben, Spannkraft und Potenz - wunderbare Visionen der Gentechnik für die „schöne neue Welt“ (Huxley) der genmanipulierten Lebensformen. Dabei werden die Seele und der Geist zu Folgen der materiellen Existenz erklärt und wegrationalisiert. Was erhoffen wir uns eigentlich und warum versucht man uns an unseren Wünschen mit welchen (wirtschaftlichen) Zielen zu führen ? Gibt es das denn überhaupt - genetisch determinierbare Existenz ? Selbsterkenntnis und Einsicht in Werte und Ziele unserer Existenz werden mit Macht auf die Probe gestellt werden durch den genetischen Materialismus. Die „schöne neue Welt“ führt uns in ein tiefes, dunkles Tal über dem allerdings weitgehend unbemerkt dieselben ewigen Sterne die richtige Richtung und den sinnvollen Weg weisen.  Ewiges Leben – oder „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf das wir weise werden“ (Bibel) – das ist eine der offenen Fragen.

 

1.     Schöne Neue Welt

1.                  Die Botschaft des genetischen Materialismus

1.       Aldous Huxley hatte schon in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sein Buch „Schöne Neue Welt“ über eine Welt der genetischen Manipulation geschrieben, die in eine unbarmherzige Diktatur mündet. Sämtliche humanen Maßstäbe (insbesondere auch der abendländische Humanismus) scheinen völlig verschwunden zu sein scheinen (mit Ausnahme beim sog. Wilden, einem Menschen mit einer unverkümmerten seelischen Grundhaltung).

2.       Dem zugrunde liegt der Glaube an die gezielte und effektive Manipulation dessen, was ein Mensch eigentlich ist – auch ein Stück „Materialismus pur“. Nach diesem genetischen Determinismus, den man damals als anerkannte wissenschaftliche Basis entwickelt hatte, kann durch gezielte genetische Manipulation ein geistig-seelisch komplett verändertes Wesen hergestellt werden. 

3.       Aus diesem genetischen Determinismus entwickelt sich in Huxleys Buch ein neuer Rassismus (der Genpool zeigt an, ob jemand Alpha Mensch oder Ausschussmensch ist). Es entwickelt sich auch eine Sklavenmentalität, da die „produzierten“ minderwertigen Humanoiden eher Objekte (heutzutage nach diskutiertem Patentrecht sogar mit Patentrechten belegte Produkte oder Copyright-Nutzer) als vollwertige Menschen sind.

1.      Die schöne Neue Welt ist ein Rückfall, ein Rückschritt in die uralte , separatistische „Kasten“ und Clan- Welt, bei der geborene Herren über geborene Sklaven herrschen.

2.       Die archaischen Vorstellungen von Macht und Manipulation stehen in scharfem Gegensatz zu der Errungenschaft von 2000 Jahren abendländischer Zivilisation, und werden unter dem Deckmantel der passenden Theorie des „Genetischen Determinismus“ als natürliche Ordnung der Dinge dargestellt.

 

 

2.                  Mit welchen Versprechungen werden wir umworben für diese schöne neue Welt – und was steckt dahinter ?

1.       Gesundheit: Es wird behauptet, dass Krankheiten direkt an genetischen Veränderungen/Fehlern liegen (genetischer Determinismus). Mit dieser Theorie wurde vor mehr als 10 Jahren u.a. das Human Genome Project gestartet, das ca. 5 Milliarden Dollar gekostet hat und nun eine Genomkarte erbracht hat, zusammen mit privaten Firmen (u.a. der Fa. Celera von Craig Venter), die vor sich eine Milliarden- Industrie sehen. Parallel dazu hat die erlaubte Patentierung von Lebewesen (bisher außer kompletten Menschen) alle Voraussetzungen geschaffen für eine Sklavengesellschaft neuen Typs, eine „genetische“ Gesellschaft. Es kann vermutet werden, dass zwischen den vollmundigen Heilsversprechen (auf der Marketingseite) und der Patentierungsoffensive (auf der juristischen Seite) ein klarer Zusammenhang besteht.

2.      Schönheit, Wohlbefinden, Leitungsfähigkeit: Die Kosmetikindustrie und die Pharmaindustrie wollen uns glauben machen, dass bei körperlichen, „seelischen“ (z.B. Depressionen) und „geistigen“ Problemen (z.B. Konzentrationsprobleme, geringer IQ)  (NUR) Pillen helfen (Psychopharmaka z.B.). Dabei werden Nebenwirkungen und die völlige Unkenntnis der komplexen Gesamtzusammenhänge eines Körper-Seele-Geist Wesens verdrängt bzw. bestritten.

3.      Potenz und optimierter , hyperintelligenter Nachwuchs:  Die Vision jedes Elternpaares sind gesunde, nette, intelligente und hübsche Kinder. Abgesehen davon, dass in manchen Ländern Mädchen wohl nicht mehr geboren würden, weil aus sozialer Sicht wegen der Mitgift nicht erwünscht, hat die Vision einer Zuchtwahl und des Verhinderns unerwünschter Nachkommen, also eine nach Modetrend gesteuerte Zuchtwahl des Nachwuchses,  eine starke Anziehungskraft. Auch hier hilft als Erklärung der genetische Materialismus, der in einem genetisch manipulierten Körper eine entsprechend geformte Seele/Psyche und einen Geist als Abfallprodukt herzustellen meint. Diese Glaubensformel ist bei naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen (auf dem Gebiet Neuro-Psychologie, Neurowissenschaften) inzwischen Standard. Zweifel an solchen genetisch-materialistischen Pauschalaussagen werden als unwissenschaftlich diffamiert. Der heutige Jugend- und Potenzfetischismus (s. Viagra) ist ebenfalls Wasser auf die Mühlen der Hormon-Präparate Firmen und der sich aufbauenden Bio Tech Lifescience Industrie. 

4.      Ewiges Leben: Der Tod wird als genetisches Programm (oder als Programmfehler) gesehen, was man abschalten/verändern  kann und sollte. Ewiges Leben wird als normaler Wunsch propagiert - natürlich nur für eine reiche Elite (man stelle sich die Römer und Sklavenhalter, Fürsten und Könige früherer Zeit als unsterblich gegenwärtig vor ! – eine Horrorvision). Es wird suggeriert, dass die Reichen der Zukunft ewiges Leben kaufen können werden. Das ist auch eine der Ursachen, weshalb sich Menschen heute einfrieren lassen, in der Hoffnung, später durch „Zauberhand“ genesen zu können. Ein mit diesem genetischen Materialismus gekoppelter Jugendwahn führt dazu, dass man zwischen einer 35 jährigen Mutter und ihrer 16 jährigen Tochter (in Outfit und Auftritt) manchmal gar nicht mehr unterscheiden kann (was die Jugendlichen erheblich verunsichert). Besonders grotesk wirkt dieser Wahn, wenn über Sechzigjährige sich als Teenager gerieren und ihre eigene Version ewiger Jugend zur Schau stellen. Andererseits sind 55 jährige Berufstätige heute altes Eisen , obwohl ihre Erfahrungen im Vergleich zu Berufsanfängern völlig unterbewertet werden (dabei werden auch soziale Integrationskosten überhaupt nicht erkannt oder berücksichtigt).

5.      Nahrung im Überfluss: Obwohl auch heute schon genügend Nahrung für alle da wäre, wenn sie gerecht verteilt würde, wird eine weitere Welle von genetisch veränderten Organismen freigesetzt, deren Nebenwirkungen meist nicht erforschbar, da zu komplex, sind. In der Regel wird dadurch eine Abhängigkeit der Bauern von den Produzenten des Saatguts hergestellt, die auch noch die notwendigen und passenden Pestizide liefern und verkaufen wollen. Die Saat ist selber nicht mehr fortpflanzungsfähig, so dass eine völlige (auch finanziell über Kredite gefestigte) Abhängigkeit von diesem Bio Tech Saatgut Hersteller entsteht. Die Wertschöpfung verlagert sich immer mehr zu diesen Saatgutanbietern, weg vom Landwirt. Es gibt allerdings auch gerade heute in der „dritten Welt“ einen Versuch der Kultivierung von BioDiversitität in Gärten, die sehr viel ertragreicher und stabiler sind als hochgezüchtete Monokulturen. Solche „genetischen Widerstandsbewegungen“ werden sicher in Zukunft deutlich in der dritten Welt zunehmen. Aber auch im Biolandbau der ersten und zweiten Welt wird versucht, eine tragfähige Alternative aufzubauen.

 

3.      Es wird sehr leicht verständlich, welche enormen wirtschaftlichen Interessen (mit Milliardeninvestitionen von Gesellschaft und Kapital) in der Hoffnung auf lukrative Märkte und imperiale Dominanz ganzer Zukunftsgesellschaften hinter diesen Versprechen stehen. Wer die genetischen Patente der Zukunft kontrolliert, kontrolliert auf absolutistische Weise die Lebensprozesse und damit die Gesellschaft. Diese wirtschaftlichen und machtstrategischen Interessen sind engstens verknüpft mit den Interessen von Anbietern und Forschern, die ein neues „unerforschtes“ Gebiet kartographieren, mit Ihrem Namen versehen und als einen neuen Markt aufteilen und ausbeuten wollen. Das dabei Lebewesen, zum Schluss auch Menschen, zu wirtschaftlichem Eigentum mit Patentrechtsanspruch werden, scheint nicht zu stören. Es werden stets die „guten Vorsätze“ erläutert. Es werden Heilung aller Krankheiten, ewiges Leben und ewige Vitalität versprochen. Es wird auf die in den Medien forcierte Theorie des „genetischen Determinismus“ und des „Materialismus“ als Welterklärung und Fortschrittsglaube verwiesen.

4.      Es wird oft genug verschwiegen, dass die Forscher noch sehr weit am Anfang sind. In den nächsten 10 Jahren ist eher die Grundlagenforschung und noch keine reale breite gesicherte Therapie zu erwarten. Und so einfach sich die so oft wiederholte Theorie vom „genetischen Determinismus“ anhört, so wenig entspricht sie dem heutigen Stand der Wissenschaft (s. unten).

5.      Die gesellschaftliche Diskussion über die unbeabsichtigten Nebenwirkungen dieser Entwicklungen werden ebenfalls oft wirtschaftlich motiviert abgebrochen bzw. wirtschaftspolitisch geführt (Arbeitsplätze in Zukunftsmärkten mit sozusagen Risiken und Nebenwirkungen).

 

 Wir wollen im folgenden versuchen, diese Heilsversprechungen zu erörtern.

 

2.      Die ganzheitliche Sicht auf den „Genetischen Determinismus“

1.                   Fakten zum genetischen Determinismus

1.      ca. 30.000 Gene (nicht wie ursprünglich vermutet 100000) wurden im Menschen gefunden; davon sind ca. „300 Gene beim Menschen unterschiedlich wie bei einer Maus“; Das war ein Schock für die genetischen Deterministen – wie sollte allein mit 300 Genen die sämtlichen Unterschiede zwischen Maus und Mensch erklärt werden können ?!

2.      Es gab allerdings schon Jahrzehnte Forscher, die glaubten, dass die Komplexität des Lebens nicht mit Genen alleine zu erklären sei (u.a. Richard Strohman, Prof. In Berkeley seit 1959, Leiter des Nationalen Zoologie Department und Direktor der Gesundheits- und Medizin Wissenschaft Programme). Selbst Craig Venter (Celera Corp.) sagte.: “Das zeigt mir, daß Gene unmöglich alles erklären können, was uns zu dem macht, was wir sind“! Damit offenbart sich das grundsätzliche Versagen des Genetischen Determinismus (aus Sicht von Strohman).

3.      Nach 10 Jahren und Milliarden Forschungsgeldern zu erklären, dass alles auf einer falschen Grundannahme beruhte, wäre allerdings ein Skandal gewesen, den sich die Forscher/Unternehmer nicht leisten wollten. Deshalb versprach man einfach „bessere Theorien zu erfinden“, um dennoch die Kausalität des Genetischen Determinismus aufrecht erhalte zu können.

4.      Viele fielen zurück auf dieses Schema, außer z.B. der Harvard Biologe Stephen Jay Gould:“ Der Kollaps des ein Gen für ein Protein, eine Ursache-Wirkungs-Richtung Ansatzes … zeigt das Versagen des genetischen Reduktionismus für die komplexen biologischen Systeme“.

5.      Insofern sind Gene nicht „das Buch des Lebens, sondern eher die Buchstaben zum Buch des Lebens“.

6.      Weiterhin werden „rein genetisch erklärbare Krankheiten nur ca. 2 % der Krankheiten betreffen“ (Strohmann).

7.      „Die komplexen von Eiweißen (als von Genen produzierte organische Einheiten) ausgeübten dynamischen Prozesse in Zeit und Raum hängen auch von äußeren Umständen und von ihrer zeitlichen Abfolge ab“. Hier kommt auch die berühmte Psycho-Somatischen und Verhaltens- Komponenten zum Zuge. Dabei spielen elektrische Signale der Nachbarzellen, Ernährung, Hormone eine Rolle. „Sie sind für Krebs, Herzerkrankungen, Depressionen,… - für ca. 70 % der Krankheiten zuständig“. (Bsp. Lungenkrebs ist abhängig von der Anzahl Lebensjahre und der Intensität des Rauchens). Die einzelnen Gene haben eher kleine, nicht große Effekte. (Strohman).

8.      Diese komplexere Form der Erklärung ist weniger in den Medien präsent, weil sie den Interessen der Biotechnologiefirmen und ihren Geldgebern widerspricht und unser Nichtwissen auf hohem Niveau offenbart. Es geht um Milliarden Dollar von Investments in diese Firmen und durch diese Firmen und um ein scheinbar griffiges Zukunftsmodell, was sehr viel Macht und Geld verspricht.

9.      Das Klonen und die Diskussionen um die embryonalen Stammzellen basieren z.B. ebenfalls auf der Annahme, daß man durch genetische Eingriffe das Gesamtsystem Mensch in den Griff bekommen könne. „Zitat AN 30.1.02: Die Wunschliste der Forscher ist lang: Krebs, Parkinson, Alzheimer, Herzinfarkt, Zuckerkrankheiten. Fast keine Krankheit, bei der sich nicht Wissenschaftler Heilungschancen durch den Einsatz embryonaler Stammzellen versprechen“. „Das Gefühl wird geweckt, dass Kranke aus ihren Rollstühlen aufstehen“.(CDU MDB Hubert Hüppe)

10. Genetischer Determinismus ist zusätzlich eine Illusion, weil es nach dem Klonen kein identisches Individuum zum Ausgangsindividuum gibt. „Dolly hat Artritis“ (seine Mutter/Vater nicht) – „Die derzeitigen Klontechniken seien ineffizient“(Prof Wilmut, „Vater“ von Dolly). Die Firma, die das Klonen vermarktet, erlebte einen Kurssturz von 15 % an der Börse. Zufall ? Nein- eher schöpfungsgewollte Freiräume. Beim jedem Individuum entstehen bei den Zellteilungen ganz individuelle genetische Lesefehler, so daß es niemals genetisch gleiche Individuen gibt, auch wenn sie vom selben Gensatz aus beginnen. Das kennt jeder aus eigener Anschauung vom Unterschied eineiiger Zwillinge – die sich teilweise erheblich und dramatisch unterscheiden. Die genetische Komponente wird auch da überschätzt.

6.      Es wird mit dem „genetischen Determinismus“ eine Illusion geschürt und wirtschaftlich ausgebeutet- die Illusion, der Mensch könne Leben nach eigenem Willen – wie Gott – schaffen und verbessern. So etwas nennt man psychologisch ein Inflation – ein Aufblasen – ein hohles Selbstüberheben.

7.       In der Folge werden die eigentlichen Unkenntnisse und Ungereimtheiten zugetüncht – es wird keine objektive Erkenntnis angestrebt, sondern zweckdienliche wissenschaftliche Meinungsführung (Propaganda) in den Medien verbreitet. Der „Mann auf der Straße“ soll (wie beim Internetboom) seine moralischen Bedenken als unzeitgemäß ablegen und den Versprechungen „der schönen neuen Welt“ glauben. 

8.      Das menschliche Klonen wird als zukünftige Wundermedizin für die Reichen verkauft (Wall Street Journal), die sich gegen Tod und Krankheit immunisieren wollen. „Sie werden einer falschen Hoffnung auf den Leim gehen“ (Strohman). Wenn wir so weitermachen und blind unsre Umwelt zerstören, werden gerade früher Tod und Krankheit kommen – auch die Versprechen der Klonforscher werden uns nicht retten. Im Gegenteil werden durch unsere gefährliche Selbstüberschätzung die Chancen immer geringer einer möglicherweise gewaltigen Katastrophe entgegenzusteuern, die über unsere Umfeldfaktoren offenbar für 70 % unserer Krankheiten zuständig ist – der psycho-sozial-ökologischen Verödung unserer Welt. Diese gesamtheitliche, nicht nur genpoolmässige, Verödung unserer Sphäre ist im Gange (Artensterben, Überfischung, Waldsterben, Raubbau an den Bodenschätzen, verbunden mit Materialismus, Gewalt, Armut und Ausbeutung).

9.      Wir haben vergessen, daß NUR durch verbesserte Gesundheitsfürsorge die durchschnittliche Lebenserwartung in den letzten 100 Jahren um ca. 40 Jahre gestiegen ist – eine Leistung, die genetische Manipulation noch lange schuldig belieben muß.

10. Leben ist ein komplexes adaptives System – kein einfaches materielles Ursache- Wirkungs-Schema. Auch hier stoßen wir an die Grenzen unseres Bewusstseins, mit dem wir unsere Welt beschreiben – oder manipulieren und verzerrt sehen. Genetischer Materialismus ist (wie alle menschliche Kulturleistung oder Kulturverirrung) zuerst ein Bewusstseinsproblem.

 

 

3.      Kurze Analyse des Ist- Zustandes unseres Allgemeinbewussteins als Träger des genetischen Materialismus

 

1.                  Genetischer Materialismus/Determinismus als Thema eines allgemeinen „defizient mentalen“ Bewusstseins

 

Betrachten wir heute „den Zeitgeist“ (der gewissermaßen auch eine Benennung dieses gesellschaftlichen Allgemein-Bewußstein darstellt, so stellen wir folgendes fest:

1.      Werte, also starke, mentale Abbilder eines erkannten Sinnes, gibt es (gesellschaftlich) kaum noch. Die letzten werden gesucht, um sie zu zertrümmern oder zu überschreiten. Mentale/ philosophische Aussagen dazu scheinen kraftlos und beliebig.

2.      Religiöse Vorstellungen (z.B. fanatische Religionen mit blindem Gehorsam und scheinbar gesichertem Jenseits) haben Zulauf und bedrohen die satte Wohlstandswelt. Kennzeichen sind u.a. ein Rückfall in blinden Glauben (mythische Heilserwartung durch Einhaltung formaler Regeln) und Ausschaltung des mentalen in diesen Fragen (mentale Defizienz).

3.      Mythische Bilder und symbolhafte Handlungen begegnen uns in Politik (fast nur noch), in Kunst (Performance, Verhüllung etc) und in  Wirtschaft/Medien (Werbung und Mythen von Wohlstand und dem Traum der Alles-Erfüllung, Superstars und Heroen-Projektionen). Wir leben eher einen wirtschaftlich geprägten Mythos (in Verkennung aller Warnsignale der Umweltzerstörung) als mit gesunder Überlegung die identifizierten und wissenschaftlich benannten klaren Bedrohungen durch Umweltkatastrophen und genetische Verarmung anzugehen.

4.      Magische Inhalte werden in Kunst und Kultur wieder zugelassen  und verkaufen sich gut: Harry Potter, Herr der Ringe, Manipulation durch Werbung, Sexualität, Jugend  und Reichtum als Fetische.

1.      Katastrophenangst: Terror schürt diese Angst – wie auch in früheren Jahrtausenden (insbesondere an bewußtseinsgeschichtlichen Übergängen) – Ziel ist die magische Beeinflussung, die Panik, (bei Bin Laden z.B. die Vertreibung der Amerikaner aus der muslimischen Welt und seine eigene Machtposition in Saudi Arabien). Die Angst vor dem Tod ist in der materialistischen westlichen Gesellschaft viel höher und leichter auszubeuten als in den dogmatischen, aber emotional religiösen Bereichen des Orients/Islams. Angst bietet keine Lösungen (mental), sie hat Bilder (mythisch/seelisch) und will magische Beeinflussung.

2.      IT- Intelligenz: Ist ein materialistischer Versuch, alles Denken (und damit aus dieser eingeengten Sicht auch Bewusstsein) auf Materie abzubilden. Folgen sind der bedingungslose (fast fanatische) Glaube an das materiell scheinbar gesicherte (allgemein erkennbare) und der Glaube, daß materielle Prozesse und Programme als Erklärungsmuster für alles gelten. Das ist Folge der mentalen Überbetonung (und der Defizienz), die alle anderen Bewusstseinsformen ignorieren will.

3.      Das materielle Gehirn als Träger des Bewusstseins ist praktisch eine von dieser Sicht her vom Computer (also der Maschine) übertragene Vorstellung auf das Gehirn, sozusagen eine materielle Vorstellung.  Dieser blinde materialistische Glaube (als solchen muß man es bezeichnen) wir zunehmend auch von einer hochqulifizierten Wissenschaftlergemeinschaft kritisiert.

 

11. Die Zersetzung des defizient mentalen gesellschaftlichen Bewusstseins ist im Gange, unabhängig von der wirtschaftlich/technologischen Vormachtstellung Europas und Nordamerikas.

12. In Asien (China, Indien) und im Orient werden europäische Technologien zwar geschätzt, die diese Güter produzierende Gesellschaft aber als  dekadent und absterbend wahrgenommen. Man erkennt insbesondere eine moralische (geistige) und eine fundamentale (seelisch-religiöse) Schwäche der ehemals dominierenden Regionen Europas und Nordamerikas.

 

Wir sind über unsere Wünsche und Hoffnungen manipulierbar und  beherrschbar. Unsere Blindheit und unsere Glaubenssätze sind Ausdruck unseres Bewusstseins. Wir wollen gerne ewig leben, gesund, schön und reich sein – und werden durch diese Wünsche leicht manipulierbar.

Wir überschätzen uns gerne – und werden damit manipulierbar.

Wir wollen unsere Unkenntnis und unser vergleichsweise geringes Verständnis der Gesetze des Lebens nicht zugeben – und werden damit manipulierbar.

 

Genetischer Materialismus ignoriert innere Wahrnehmung, Gewissen, seelische Empfindung und geistige Freiheit/Kreativität. Determinismus ist Versuch der Machtausübung, der Einengung, kombiniert mit Angst vor der flexiblen Lebendigkeit und Spontaneität der Schöpfung. 

Gefährlich wird diese  Mangel an geistig-seelischer Freiheit dann, wenn sie uns in eine völlig falsche Richtung führt, wie bei einer ideologischen Zuspitzung des genetischen Materialismus. So verkennen wir einfach, daß wir gerade die Grundlagen eines von uns angestrebten, glücklichen Lebens zerstören – eintauschen gegen eine Welt materialistischen Größenwahns und rücksichtsloser Zerstörung der eigentlichen Lebensgrundlagen unsrer Zivilisation. Das sind nicht nur materielle Grundlagen, sondern auch die Ehrfurcht vor der göttlichen Schöpfung und die Erkenntnis unserer Rolle und Verantwortung als Menschheit auf diesem Planeten.

 

Das integrale Bewusstsein (vgl. Vortrag Zukunft 02 und nächstes Kapitel) weist uns auf den sinnvollen Weg hin.

11. Das vielschichtige Geflecht des Lebens als die eigentliche Ursache im physischen, aber auch im seelisch-geistigen Bereich erkennen. Ansonsten werden wir ökologisch ein Disaster erleben und psychologisch an unserem Größenwahn eingehen.

12. Sich integrieren in dieses lebendige Schwingungsfeld aller Lebensäußerungen heißt auch, den eigenen Platz als Menschheit und als Person zu finden. Das „darüber“ (die geistige und seelische Welt) und das „darunter“ (die Erde mit den Tieren) sind lebendige Ozeane ungeahnter Komplexität, die uns als Glied in der Kette des herabsteigenden Bewusstseins (oder des aufsteigenden Erkennens) brauchen. Wir sind nicht die Schöpfer, wir sind Mit-Geschöpfe.

13. Wir müssen den Rückfall vermeiden in vergangene, also abgelegte, aber wie so viele körperlich-seelische Strukturen noch tief in uns eingewurzelte, magische Bewusstseinsstrukturen. Genetischer Determinismus als von einzelnen Genfirmen, Gen Corporations, patentierte Welt, der alles unterworfen wird, ist eine Form einer heute überholten, magischen Bewusstseinsstruktur in modernem Gewand (vgl. Jean Gebser für die Erläuterungen der magischen/mythischen/mentalen/Integrations- Bewusstseinsstrukturen).

14. Das kommende integrale Bewusstsein, als nächster menschlicher Schritt zum Christusbewusstsein/Buddhabewusstsein/Stein der Weisen/… hat als Vorstufe die Zerstörung fester, unzeitgemäßer Strukturen. So wird die mentale Bewusstseinsstruktur der letzten 2000 Jahre (im engeren Sinne 500 Jahre) zunehmend  kraftlos, durchsetzt von alten magischen oder mythischen Strömungen. Diese Defizienzphase (J. Gebser), in der viel Wissen auf seichtem Niveau produztiert wird, ist auch eine Zeit der magischen Machtausübung, die sich diesen flachen Strom für ihre Zwecke nutzbar machen will.  Einem Platon, einem Christus, einem Buddha hätte solcher flache ideologische Allmachtsanspruch sicherlich nicht standgehalten. Nur das kraftlose mentale Denken lässt sich so leicht für diese Zwecke missbrauchen. So wird das Denken (die Ideologie) heute zunehmend entwertet, aber praktisch in größtem denkbarem Umfang betrieben. (Hinweis: Ein Rückfall um mehr als 2000 Jahre in mythische Bewusstsein wäre der blinde Glaube an das Genetische als Schöpfungsursache und an die eigene Unsterblichkeit durch fortwährende Klonierung, das ewige Leben als Halbgötter (Heroen). Um mehr als 4000 Jahre zurück ins Magische führt uns der Glaube an die eigene Allmacht über die Schöpfung und alle Lebewesen, die Patentierung aller Lebensformen und auch die Schaffung neuer Lebensformen). Beiden Ansätzen gemein ist ein Rückschritt, eine Unfähigkeit zur wirklichen harmonischen Integration dieser Bewusstseinsaspekte. 

 

 

4.     Sich verstärkende Netze des neuen Integralen Bewusstseins

 

1.                    Etappen der Geschichte des Bewusstseins (nach Jean Gebser) und Einordnung der Phänomene unseres Zeitgeistes

 

Gebser hatte verschiedene Bewusstseinszustände kulturhistorisch beschrieben, die er in verschiedenen Kulturen zu verschiedenen Zeiten gefunden hatte. Wir reden heute in Europa und Nordamerika von der Endphase des mentalen Bewusstseins, der defizient mentalen Phase.

Es kann natürlich immer jedes Individuum nach oben oder unten aus der gesellschaftlichen Hauptströmung herausragen, aber trotzdem ist gesellschaftlich eine Hauptströmung benennbar.

 

Struktur

(Zeitraum in Europa)

Raum/Zeitbezug

Charakter

Bewusstseins-Ausdruck

Archaisch

(Urmenschen)

vorräumlich/ vorzeithaft

//----

Ganzheitlich

Ahnen

// Welt- Ursprung

 

Magisch

(Höhlenmenschen, Jagdzauber- überall auf der Erde)

Raumlos/

zeitlos

// ununterschieden

Richtungslose, einheitliche Verflochtenheit

Erlebnis

// Welt-Erkenntnis (die erkannte Welt)

Mythisch

(Beginn:

Kalenderformen ( Seelen-bewußtsein)- also ca. 3000 v Chr in Europa)

Raumlos/

naturzeithaft

// vorwiegend vergangenheitsbezogen (Erinnerung, Muse)

Kreishafte,

polare Ergänzung

Erfahrung

// Welt-Bild, Welt- Anschauung (die angeschaute und gedeutete Welt)

Mental

(ab 500 v. Chr. in Griechenland, um 1200 in Mitteleuropa)

raumhaft/

abstrakt zeithaft

// vorwiegend zukunftsgerichtet (Zweck und Ziel)

Gerichtete, duale Gegensätzlichkeit

Vorstellung

// Welt- Vorstellung

Integral

(21. Jahrhundert in Mitteleuropa)

Raumfrei/

zeitfrei

// gegenwärtig (Ursprungs-Gegenwart des Ganzen)

Gegegenwärtige, durchscheinende Gänzlichung

Wahrung // Wahrnehmung

 

 

2.                  Gesellschaftlich wahrnehmbare  Inseln des Integralen

 

Grundsätzlich erfordert eine ganzheitliche gesellschaftliche Behandlung der realen Probleme dieser Zeit zuerst eine Klärung des eigenen Bewusstseins. Solche eine Klärung stellt einen langsamen Wandlungsprozess dar, der von den Erfahrenen öfter als  spiralförmiger Bewusstseinsanstieg beschrieben wurde. Man erreicht eine höhere Ebene aber man entfernt sich nicht von den eigentlichen Themen, an deren Behandlung man wächst. In diesem Bild wäre das integrale Bewusstsein eine Erkenntnis der verschiedenen Spiralschleifen und Wegabschnitte als Ausbildung der Facetten des Geistes und der Seele. Die Integration ist eher als energetische Verbindung der Einzelzentren der Wahrnehmung vorstellbar, als eine Zusammenführung ihrer Kräfte.

Gewissen, Erkenntnis des Wahren und Guten, Empfinden für Harmonie und Schönheit sind Facetten eines solchen Zusammenklanges. Geistige Tiefe erfordert dabei Loslassen von Meinungen, emotionalen Verhärtungen und Konzepten. Unvoreingenommenes Wahrnehmen sowie eine klare Suche nach Wahrheit und göttlicher natürlicher Ordnung in allem sind Ausdruck.

Menschliche Hybris und blanke Gier, antriebslose Befolgung von Manipulationen und Konsum fremder Visionen anstelle eigener Empfindungen und Gedanken sind  Verirrungen einer defizient mentalen Geisteshaltung mit teilweisen Rückfällen in frühere Bewussteinstrukturen ohne diese bewusst zu integrieren, sondern durch unbewusstes Ausleben.

 

5.      Wir stellen eine Flut an Integralen Ansätzen fest, die auch verschiedene Ebenen des Individuums aktivieren – bestehend aus östlichen Meditationspraktiken, ausgeübt von westlichen Praktizierenden, mit frischen mentalen Vorstellungen der Welt und ihres Sinnes (Aurobindo, Dalai Lama), mit neuem Bewusstsein über die Symbolik der Träume und des Unbewußten (C.G. Jung) und magischen extatischen Versuchen (Feuerlaufen, Technowellen, Love parade, …).

6.      Das Wort Integration wird auf ganz verschiedenen Ebenen zum Schlüsselbegriff: Bewusstseinsmäßig (Gebser, Aurobindo,…); Technologisch/Wirtschaftlich (Internet, Systemtechnik, Globalisierung); Politisch (EU, Euroeinführung,); Wissenschaftlich: Ökologisch/global;

7.      Ganzheitlich ist heute mehr denn je ein positiver Inhalt – gegenüber isoliert oder gar partiell.

8.      Nicht mehr Einzelne, sondern Gruppen und Netzwerke werden sichtbar mit Ihren Botschaften (attac; Greenpeace; aber auch Bin Laden- al Kaida; …)

 

 

5.     Hinweise auf den Bewusstseinsübergang unserer  Zeit als unsere Hauptaufgabe ist Kernbotschaft verschiedener heutiger Traditionen

 

1.                  Europäisches Christentum (z.B. Jean Gebser, Frédéric Lionel, C.G. Jung)

Das integrale Bewusstsein beschreibt ein Bewusstsein ursprünglicher Gegenwart. Es sollte weder ein Matriarchat noch ein Patriarchat sein, nicht materialistisch geprägt aber auch nicht psychologisierend. (Gebser)

Die schwierigste Hürde dabei ist die Selbst – Findung in dem Sinne wie C. G. Jung das meinte. Die Kugel symbolisiert das sehr treffend, wobei wir am Anfang nur eine kleine Fläche übersehen (Ego) und das mit dem Göttlichen verschmolzene Selbst nicht erkennen (Gottheit, Brahman). Andererseits ist die Einheitserfahrung in den verschiedenen Traditionen beschrieben, z.B. in der (christlichen) Mystik (christliche Gnosis):

„Der Körper, die Erde, die Sterne, die Galaxien verschmolzen zu einer Einheit - und zu dieser Einheit gehörte ich. Grenzenlos, zeitlos  schwebte mein Bewusstsein in einer pulsierenden Ewigkeit, in einem überweltlichen Licht, das einen Zustand völliger Überantwortung kennzeichnet ..“ (F. Lionel, „Die Entscheidung“)

Es gibt eigentlich gegenüber früheren Zeiten wenige Änderungen, wenn man sich auf den Weg der Selbsterkenntnis, den sog.  zielfreien Weg machen will. Es ist vielleicht heute aber wichtiger, selber den Weg zu finden, wie Lionel immer meinte – vielleicht war früher der Weg durch eine Institution (Orden, Meister) eher überschaubar und vorgeschrieben. Heute gibt es sehr viele Richtungen und die erste Aufgabe echter Erkenntnissuche ist deshalb, die für einen selbst richtige, die authentische Richtschnur, herauszufinden.

Einige Erfahrungen seien im folgenden genannt.

Es wird zunächst eine für das Geistig Seelische Wachstum förderliche Wegweisung benötigt, die undogmatisch und praktisch im Alltag anwendbar ist. An dieser Stelle sind akzeptierte Wertekanons, die heute ja verschwinden, eine echte Hilfe.

1.      Die christlichen Lehren (z.B.  Thomas oder Johannes- Evangelium, Schriften der Heiligen)

2.      Die 12 Regeln der Pythagoräer (s. Frédéric Lionel)

 

Ist man hierin geübter, sollte auf jeden Fall Stille/Meditation regelmäßig eingeführt werden in das Alltagsleben. Alle weiteren Fortschritte beruhen auf der Beschäftigung mit dem „Erkenne- was Du bist“.

Geeignete Maßnahmen dafür sind

1.      Meditation (je nach Form, eher gegenstandslos)- für die geistige Entwicklung

2.      Beschäftigung mit Träumen (z.B. C.G. Jung ) – für die seelische Entwicklung

 

Es gibt sicherlich für jeden Menschen eine eigene Aufgabe, der mehr oder weniger solcher Übungen erfordert.

Die wesentlichste Übung ist allerdings (für Europa, und für den integralen Weg) die Umsetzung im Alltag, der die Nagelprobe der Entwicklung wird. Der Alltag ist „Spiegel der reinen Wahrheit“ (Frédéric Lionel).

 

Die Alchimie, wie C. G. Jung sie beschreibt, zeigt genau auf diesen Weg der Selbst- Findung. Zusätzlich zeigt sie einen über die Jahrhunderte und Jahrtausende erprobten und bewährten Stufenprozess auf, der über 4 Stufen (schwarze, weiße, gelbe und rote Phase) zum Ziel – zur Kugelgestalt - der Selbsterkenntnisform – führt. Diese integrale Form, in der das Zentrum  vom Ego zum Selbst gewandert ist, umfaßt dann die Gesamtheit der Körper-Seele-Geist Erkenntnis, also die verschiedenen geistigen/mentalen, psychologischen/bildhaften und triebhaften/emotionalen Erfahrungen und Erkenntnisse und übersteigt diese in der Wahrnehmung des übergreifenden Selbst- was auch als Christus- Bewusstsein oder als Realisierung des Mercurius/Hermes –Bewusstseins oder als Stein der Weisen bezeichnet wird. Diese Erfahrungen werden auch manchmal mit dem Tantra-Yoga und dem Karma-Yoga des Hinduismus verglichen.

 

1.                  Hinduismus und Buddhismus (z.B. Sri Aurobindo, D.T. Suzuki)

 

Im ZEN Buddhismus gibt es eine Anzahl sehr guter Regeln zur Selbst-Erkenntnis:

„In der spirituellen Welt gibt es keine Zeiteinteilungen wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, denn  diese haben sich zu einem einzigen Augenblick der Gegenwart zusammengezogen, wo das Leben in seinem wahren Sinn vibriert.

Vergangenheit und Zukunft sind in diesem gegenwärtigen Augenblick der Erleuchtung aufgerollt, und dieser gegenwärtige Augenblick steht nicht still mit allem, was er enthält, sondern bewegt sich unaufhörlich fort.                        (D.T . Suzuki).

 

Im Hinduismus, den Sri Aurobindo sicherlich hervorragend und für den Westen verständlich vertritt, wird ebenfalls die Suche nach dem Göttlichen als Wesengrund zur zentralen Aufgabe. Sri Aurobindo vertritt diesen Weg auf zeitgemäße Art und Weise und erneuert bzw. prägt  (unter starkem Bezug auf das mental-intellektuelle Verständnis unserer Zeit) den Begriff des „Integralen Yoga“ für diese Suche nach ganzheitlicher Erkenntnis.

Hierzu gehört zunächst (Stufe 1) ein völliges „sich überantworten“ in Gottes Wille, in Gottes Hände.

In der zweiten Stufe muß „sich öffnendes Vertrauen“ dazukommen – Glauben und Vertrauen zu Gott.

„In der dritten Stufe muß das Ego beiseitetreten und Gott wirken lassen- sich überantworten an Gottes Wille und Wirken.

„Zu einer höheren Vollendung ist nur dadurch zu gelangen, daß eine höhere Macht hereintritt und das gesamte menschliche Handeln in ihre Hand nimmt. … ihren Einfluß, ihr Wirken und ihre Besitzergreifung muß an die Stelle persönlicher Anstrengung treten… bis Gott, zu dem wir sprechen, der direkte Herr des Yoga wird.“ „Dann erfolgt eine dreifache Wandlung: Zunächst eine psychische Wandlung (das Bewusstsein der Seele). Darauf folgt die spirituelle Transformation, in der alles im kosmischen Bewusstsein in Gott versenkt wird.

Darauf folgt die supramentale Transformation, in der alles im göttlichen gnostischen Bewusstsein supramentalisiert wird. Mit der letzteren alleine kann die vollständige Verwandlung von Geist, Leben und Leib beginnen“.

Auch diese Aussagen von Sri Aurobindo haben eine größere Anzahl Parallelen zum alchemischen Prozess der Wandlung. Erstaunlich auch, daß er seine dritte Stufe ein gnostisches Bewusstsein nennt, was eine direkte Parallele zum alchemischen Prozeß darstellt ( gnostisch-hermetisch).

„Bewusstsein ist etwas Fundamentales, ein existentes Fundamentales, es ist die Energie, das Bewegen und die Bewegung des Bewusstseins, die das Universum und alles was darin ist, schaffen. Nicht nur der Makrokosmos sondern auch der Mikrokosmos ist nichts als Bewusstsein, das sich selber ordnet“ (Sri Aurobindo).

 

 

2.                   Schlussgedanken

 

 

Bewusstsein als das zentrale Existente aufzufassen mag verblüffen. „Das Universum ist geistig“ war schon der Leitspruch des Kybalion (aus dem alten Ägypten).

Das Universum nur materiell zu sehen, ist eine Illusion. Wer die eigentlichen wirksamen Kräfte und Zusammenhänge nicht erkennt, muss bei Zusammenstössen mit der Realität zumindest mit blauen Flecken und einigen Überraschungen rechnen.

Auf jeden Fall ist eine schöne neue Welt der genetischen Manipulation kein Weg nachhaltigen Wachstums der Menschheit, sondern eine  Einbahnstrasse maximierter Machtausübung und Ausbeutung.

 

Nichts ist so schwierig, wie „ein Mensch zu sein“ oder sein Verhalten grundlegend zu ändern.

Integration bedeutet auch, nicht bei einem Teilaspekt stecken zubleiben (z.B. der wunderbaren geistigen Erfahrung, der Traumdeutung, der …) – es bedeutet, einen Prozess des Auf und Ab auf dem Weg der Sinnerkenntnis völlig zu akzeptieren.

Wenn man sich das Labyrinth von Chartres ansieht, wird das nochmals sehr deutlich. Erst in der Rückschau oder der überzeitlichen Gesamtschau wird das Ganze offenbar. Mitten im Prozess werden nur die teilweise überraschenden Wendungen spürbar und sichtbar.

 

Die Integration, die auch jetzt in das kulturelle Bewusstsein eindringt (zunächst materiell, z.B. in der Technik-Vernetzung und Internet und der Wirtschaft-Globalisierung) erfordert das Erreichen einer höherwertigen Ganzheit aus geistigem, seelischem und daraus folgend auch körperlichem Bewusstsein.

Dieser Wandlungsprozess ist das oft verkannte Symbol unserer heutigen Zeit.